Islamische Theologie


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Summer School 2018: Jerusalem

Jerusalem – Betlehem – Totes Meer – Haifa – Akko – Jaffa (13. - 20.10.2018)

In Kooperation mit:

Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik (Universität Innsbruck)

Impressionen hier

„Hermeneutik in den drei Weltreligionen“
Eindrücke aus der Summer School 2018 des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück nach Jerusalem (Israel)
von Rabbiner drs Edward van Voolen (Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam)

Es war sehr beeindruckend, mit einer Gruppe muslimischer Studierender Israel zu bereisen, ein Land, das ich sehr gut kenne und oft besucht habe. Dies liegt daran, dass ich eine andere Perspektive bekommen habe. In Europa sind wir, Juden und Muslime, eine Minderheit; nicht selten diskriminiert, nicht selten mit antisemitischen und antiislamischen Vorurteilen konfrontiert. In Israel gehöre ich als Jude sozusagen zur Mehrheit. Ich habe durch die Reise erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man in Israel zur Minderheit gehört. In einer Moschee in Bethlehem haben wir einen durchaus Israel-kritischen Vortrag gehört. Mir hat es furchtbar weh getan, zu erfahren, wie Muslime, Palästinenser, täglich unter der Besatzung leiden. Nachher kamen Studierende auf mich zu, um zu fragen, ob mir diese Worte nicht weh getan haben.

Regelmäßig habe ich gespürt, wie viel uns verbindet: Bei Gesprächen, beim Essen, beim Singen. Insbesondere habe ich es an der Klagemauer beim Anblick des Ḥaram aš-Šarīf gespürt, als die Muslime ihr Abendgebet verrichtet haben, mit mir, mit anderen Juden und Christen in nächster Nähe. In diesem Moment wusste ich, dass es menschlich möglich ist, Frieden zu erreichen. Es war meine schönste Israel-Reise bislang: Mit Ihnen Studierenden und Dozierenden aus Osnabrück!

Vielleicht fällt es Ihnen ja in diesen Tagen nicht so stark auf; aber Muslime, Christen und Juden haben vieles gemeinsam. Einen einzigen Gott? Ja, wenn Sie sich nicht an der Dreifaltigkeit stören. Und wenn Ihnen die vielen Namen nichts ausmachen, mit denen er bezeichnet und angerufen wird: Gott, Vater, Allah und viele andere.

Die drei Religionen teilen dieselbe Bibel? Auf gewisse Weise schon. Den Christen gilt die jüdische Bibel aber als alt, so dass sie ihr eine Ergänzung hinzufügten. Die Muslime wiederum stützen sich auf einen völlig anderen Text, der dieselben Geschichten auf andere Art erzählt. Als Muslim, Christ und Jude stehen wir auf dem Boden einer gemeinsamen Geschichte. Wir sind miteinander verwandt: ein Sohn Abrahams, Ismael, ist der Ahnherr der Muslime, und der andere, Isaak, der Vorfahre der Juden. Und Jesus wurde als Jude geboren. Wir gehören also zu einer Familie. Charakteristisch für uns ist, dass wir es lieben, zu diskutieren, zu streiten und uns wieder zu versöhnen.

Jeder erzählt seine oder ihre Geschichte auf seine oder ihre eigene Weise. Aber wir alle stimmen in einer Sache überein: Wenn wir an der Himmelspforte anklopfen und Einlass begehren, tun wir das nicht nur mit einem gewissen Sinn für Humor, sondern auch, um der Liebe des Barmherzigen teilhaftig zu werden.